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Rezension: Das weiße Band

Autoritär erzogene Kinder verabsolutieren die Ideale ihrer Eltern. Die Folgen sind leider sehr unerfreulich.,

Bei diesem grandiosen Schwarz-Weiß-Film von Michael Haneke lohnt es sich - zum besseren Verständnis - das Bonusmaterial vor dem Hauptfilm anzuschauen.

"Das weiße Band" wurde 2009 mit der "Goldenen Palme" ausgezeichnet und ist zum Oscar nominiert worden. Haneke ist ein Regisseur, der in seinen Filmen Fragen stellt und keine Antworten gibt. Er möchte den Zuschauer zum Denken animieren.

Der Film wurde in Ostdeutschland gedreht. Dort fand Haneke ein altes unbewohntes Schloss, das noch so gut erhalten war, dass man dort drehen konnte. Allerdings musste es zunächst vom Gestrüpp befreit werden, denn es war restlos überwuchert von nachwachsender Flora aus den letzten 60 Jahren. 7000 Kinder hat Haneke vor Ort gecastet, bis er endlich die kleinen Darsteller fand, die von der Ausstrahlung her in die Handlungszeit des Filmes passten.

Zeigen will der Regisseur den Zusammenhang von Angst und Gewalt und auch das Phänomen, dass autoritär erzogene Kindern die Ideale der Eltern verabsolutierten und ihre Mitmenschen mittels dieser verabsolutierten Wertvorstellungen entsprechend terrorisieren.

Der Film spielt unmittelbar vor dem 1. Weltkrieg in einem kleinen Dorf. Mittelpunkt des Dorfes ist ein großes Gut. Dort lebt ein Baron (Ulrich Tukur) mit seiner Familie und beutet die Landbevölkerung aus. Die ältere Generation fügt sich in ihr Schicksal, während die jüngere aufmüpfig reagiert. Thematisiert wird die Brutalität und das autoritäre Gehabe einzelner Familienoberhäupter. Der Schlimmste von allen ist der Dorfarzt. Er demütigt mit Freude seine Haushälterin, mit der er lieblos beischläft, seit seine Frau verstorben ist. Offenbar missbraucht er seine 14 jährige Tochter sexuell. Das wird jedenfalls angedeutet.

Der protestantische Pfarrer, Vater vieler Kinder, schlägt diese, sobald sie sich moralisch nicht einwandfrei verhalten und übt Psychoterror auf die Kleinen aus durch pausenloses Moralisieren. Um sie daran zu erinnern, dass er ihnen moralisch misstraut, bindet er ihnen jeweils ein weißes Band als Zeichen seiner Missachtung an den Arm. Sie sollen gezeichnet sein, wie später die Juden durch den gelben Stern.

Der Gutsverwalter ist ein hochaggressiver Mensch, der seinen Kinder brutal nachtritt, wenn er sie züchtigt. Nur der Lehrer (der Ich-Erzähler) ist sanftmütig und versucht auf Kinder positiv und liebevoll einzugehen. Die misshandelten Kinder geben das, was sie erfahren, augenscheinlich an die Außenseiter, den sensiblen Sohn des Barons und den mongoloiden Sohn der Dorfhebamme weiter. Es ist zu vermuten, dass sie auch für die schweren Misshandlungen dieser beiden Kinder verantwortlich sind........

Gefallen hat mir nicht zuletzt die schauspielerische Leistung von Leonie Benesch. Sie spielt das Kindermädchen der Adelsfamilie und schafft es durch ihre Mimik die Melange aus Liebreiz, Schüchternheit und naive Aufgeschlossenheit in einer Weise zum Ausdruck zu bringen, wie junge Mädchen dies heute wohl nur noch selten vermögen.

Bemerkenswert: Jeder einzelne Schauspieler hat seine Rolle perfekt gemimt. Dies ist wohl auf das Können der ausgesuchten Darsteller, aber auch auf das Können und die Unnachgiebigkeit des Regisseurs Haneke zurückzuführen.

Sehr aufschlussreich ist das Interview mit Michael Haneke, der auch erklärt, wieso er den Film in Schwarz-Weiß gedreht hat und das Interview mit verschiedenen Schauspielern des Films, wie Rainer Bock, Christian Friedel, Ulrich Tukur und Susanne Lothar, die auch schon in einem anderen Film des Regisseurs mitspielte und große Stücke auf ihn hält. Im Bonusmaterial gibt es auch Einblendungen in andere Filme von Haneke und Interviews mit Isabelle Huppert und Juliette Binoche, die in seinen älteren Filmen mitgespielt haben. Alle sind sich einig, dass dieser Regisseur sich von vielen anderen unterscheidet. Seine Filme besitzen Musikalität. Darauf legt er besonderen Wert. Alles Szenen müssen sich in ein Gesamtkonzept einfügen. Der Betrachter wird am Konsumieren gehindert. Er muss- es bleibt ihm nicht anderes übrig- nachdenken und sich mit dem Film auseinandersetzen.

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