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Rezension:Gefährliche Liebschaften / SZ Berlinale (DVD)


»Eitelkeit und jede Art von Liebe sind unvereinbar«,


sagt die Marquise de Merteuil (Glenn Close) an irgendeiner Stelle des vorliegenden Films zum Vicomte Sébastian de Valmont (John Malkovich). Diese Aussage ist der Schlüsselsatz der "Gefährlichen Liebschaften", deren Handlungszeit sich im Ancien Regime (dem absolutistisch regierten Frankreich vor 1789) abspielt. Der Film dokumentiert gekonnt die Richtigkeit der obigen Sentenz.

Den nachstehenden Rezensionstext habe ich bereits am 4. Mai 2008 verfasst und mich entschlossen, ihn in etwas korrigierter Form für die DVD aus der neuen Kasette der Süddeutschen Zeitung Cinemathek, die ich derzeit bespreche, zu übernehmen. Es hat mich gefreut, dass dieser Film zu den 22 Filmhighlights aus 60 Jahren Berlinale von der SZ Kinoredaktion ausgewählt worden ist. Er hat es nämlich nicht nur seiner exzellenten Dialoge wegen verdient verdient.

1782 wird das Zeitalter des Rokoko gerade zu Grabe getragen, in dem der Maler Fragonard Bilder wie "Der heimliche Kuss" schuf und die Romanliteratur als zierlich-graziöse, spielerische-frivole, galante Gesellschaftsdichtung betrachtet wurde.

"Gefährliche Liebschaften" ist eine Romanverfilmung. Der Autor des gleichnamigen Romans ist Pierre Ambrois Francois Choderlos de Laclos (1741 - 1803). Diesen Briefroman schrieb er 1782, also demnach 7 Jahre vor der französischen Revolution. Laclos war - und das sollte man wissen - während der Französische Revolution Jakobiner. Sein Roman ist die bedeutendste zeitgenössische Darstellung der korrumpierten, aristokratischen Gesellschaft des Ancien Regimes. Mit der Darstellung der Perfektion und Faszination des Bösen übte der Schriftsteller großen Einfluss auf die Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts aus.

Worum geht es im Film?
Die in die Jahre gekommene Marquise de Merteuil (Glenn Close) will sich an Ihrem ehemaligen Liebhaber Gercourt rächen. Dieser hat sie wegen einer anderen verlassen. Sie kann es nicht ertragen, wenn sie die Fäden nicht ziehen kann, denn ihr Lebensmotto lautet "Siege oder stirb". Schon als junges Mädchen lernte sie Virtuosin der Verstellung zu werden und übte sich in Gleichgültigkeit. Sie war, wie sie berichtet, stets wissbegierig, studierte die Moralisten, Philosophen und Romanciers, um herauszufinden, worum es im Leben eigentlich geht.

Als sie zur Erkenntnis gelangt, dass es dieses "Siege oder stirb" ist, worum es eigentlich geht, handelt sie konsequent danach und dies offenbar mit großem Erfolg. Die Männer liegen ihr zu Füßen und sie kann entscheiden, wem sie ihre Gunst schenkt. Eine Niederlage, wie jene mit Gercourt kann sie nicht dulden. Das schadet ihrem Ruf. Deshalb bespricht sie den Fall mit dem Vicomte de Valmont (John Malkovich), der in früheren Jahren wohl ihr Liebhaber war und den sie immer noch liebt, weil er ihr in der Kunst der Galanterie aber auch in ihrer Kaltblütigkeit ebenbürtig ist.

Die Marquise, die Intellektuelle im erotischen Spiel stupide findet, liebt es grausam zu sein, wie sie betont. Sie bittet Valmont die Klosterschülerin Celine zu verführen und zu entjungfern, weil ihr Ex-Liebhaber Gercourt sich diese als seine zukünftige Gemahlin wünscht. Er soll keine Jungfrau im Hochzeitbett vorfinden, sondern eine Frau, die sexuelle Praktiken beherrscht, die sich selbst eine Kurtisane nicht gestatten würde. Der Verführer und Frauenheld Valmont lehnt zunächst ab, weil er nicht seinem Ruf schaden möchte. Eine Klosterschülerin zu verführen ist für ihn ein zu einfaches Spiel, im Grunde seiner nicht würdig. Für ihn ist Verführung eine Herausforderung, je schwieriger es ist eine "Bastion" zu stürmen, umso mehr ist sein Kopf gefordert, um so subtiler werden seine espritvollen Dialoge, mit denen er sein Gegenüber gefügig machten möchte.

Zum Zeitpunkt des Handlungsgeschehens versucht er die streng moralische Ehefrau de Trouvel zu einer Affäre mit ihm zu bewegen. Je mehr sie sich sträubt, umso heftiger beginnt er sich für sie zu interessieren und fängt an sie zu lieben, wie keine Frau zuvor. Das allerdings gesteht er sich nicht ein, weil seine Eitelkeit und sein "Image" als Verführer mit einem Liebesverhältnis nicht in Einklang zu bringen sind. Nachdem die Mutter von Cecile, die von ihm begehrte Marquise de Trouvel (Michelle Pfeiffer) vor ihm gewarnt hat und er dieses erfährt, entschließt er sich Celine zu entjungfern und in die Geheimnisse der galanten Liebesspiele einzuweihen.

Sie findet Spaß daran, obgleich ihr Herz einem jungen Musiklehrer gehört, der zu diesem Zeitpunkt der Liebhaber der Marquise der Merteuil ist.Während bei der jungen Celine und dem Musiklehrer die Liebe und die Tugend letztlich noch stärker wiegen als die Lust am erotischen Spiel, werden Valmont und Merteuil Opfer ihrer Eitelkeiten und ihrer Machtgelüste. 

Valmont stirbt im Wissen die große Chance zu lieben und geliebt zu werden versäumt zu haben, weil er die Verführung aus Prestige allem vorangestellt hat und die Marquise de Merteuil ist am Ende verbittert und geächtet, weil die Gesellschaft ihr intrigantes Verhalten mit Missachtung abstraft. Ihr Machtwille und ihre Eitelkeit machen sie zu einer einsamen Frau.

Hervorragende Dialoge auf ganz hohem Niveau, exzellente schauspielerische Leistungen, prachtvolle Kostüme und Innenausstattung im Louis VI -Stil, wunderbare Szenen in den Parks verschiedener Schlösser und bei Opern- und Gesangsabenden geben den Eindruck wieder, wie sich der französische Adel in jenen Tagen die Zeit kurzweilig gestaltet hat. Es war eine Zeit in der Libertins tiefe Gefühle offenbar als ridikül betrachtet haben. Wehe dem, der sie dennoch hatte....

Die Ton- und Bildqualität steht dem Produkt der Focus-Edition in nichts nach, wie ich mich gestern überzeugen konnte.



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