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Rezension: Das Bildnis des Dorian Gray

"Das Bildnis des Dorian Gray" ist die Literaturverfilmung des von mir rezensierten gleichnamigen Romans. Vor vielen Jahren sah ich eine Verfilmung mit Helmut Berger in der Hauptrolle, die bei Weitem nicht die Qualität des vorliegenden Films hatte.
Die Handlung möchte ich an dieser Stelle nicht breitgefächert wiedergeben, weil sie ohnehin jeder kennt. Der junge, sehr schöne Dorian Gray (Ben Barnes) wird von dem Maler Basil gemalt, verliebt sich in sein Konterfei und wünscht sich, dass das Bild statt seiner altern möge. Anfangs noch unschuldig und positiv in seinem Wesen, wird er aufgrund seines älteren Freundes Henry (eine Art Mephisto), dazu bewegt, jeden Moment egoistisch auszuleben, kein Mitleid mit Dritten zu haben und in jeder Beziehung dem Hedonismus zu frönen. Sein ausschweifendes Leben zeigt sich im Verfall des Bildes, das der eitle Dorian immer weniger ertragen kann...


Sehr gut finde ich die Einblenden aus Dorians Kindheit. Er wurde von seinem Großvater verprügelt und gedemütigt und genau diese Demütigungen gibt er weiter, nachdem Henry ihn dazu gebracht hat, sich nicht an gesellschaftlichen Regeln zu halten. Dorian benutzt Frauen und Männer für seine Zwecke. Sexuell scheint er sadistischen Handlungen nicht abgeneigt zu sein, wie man in kurzen Filmsequenzen sieht. Dorian ist offensichtlich liebensunfähig. Das wird immer offensichtlicher, je ausschweifender sein Leben ist.


Alle Menschen um ihn herum altern, nur er bleibt äußerlich immer jung und schön, fühlt aber täglich seine geradezu verfaulte Seele intensiver und sehnt sich nach einem Neuanfang, den es für ihn bekanntermaßen nicht geben wird.


Gefallen hat mir, dass man viele espritvolle Sentenzen Oscar Wildes in die Dialoge eingebaut hat und im Film-Interieur der Belle Epoche treu geblieben ist, was bei der Verfilmung mit Berger, so weit ich mich entsinne, nicht der Fall war. Ben Barnes verkörpert die Person Dorian Grays glaubhafter als Berger, weil er die Aura von Unschuld besser nach außen zu bringen vermag. Barnes scheint sie noch zu besitzen, Berger war bereits zu verdorben und eigentlich ungeeignet für die Rolle.


Es ist nicht einfach, Wildes Stoff zu verfilmen, weil die Filmhandlung teilweise surreal und eigentlich eine Handlung für das Kopfkino ist. Erstaunlicherweise ist die filmische Umsetzung aber gut gelungen. Wilde hätte sich gewiss gefreut.


Mich begeistert an der Thematik immer wieder das Phänomen Eitelkeit, das Wilde herrvoragend herausgearbeitet hat und im Film auch sehr gut dargestellt wird. Was macht übersteigerte Selbstverliebtheit mit Menschen? Vermögen solche Personen außer ihrem Spiegelbild tatsächlich nichts Drittes wahrzunehmen? Fast scheint es so. Was macht ewige Schönheit und Jugend mit einem Menschen? Muss ein Mensch, der im Jungbrunnen erfolgreich gebadet hat, zwingend zu einem Monster mutieren? Oder mutiert er nur dann, wenn ein Dritter ihn auf Abwege führt? Wodurch verliert ein Mensch seine Unschuld? Durch charakterlische Deformationen oder durch das abgründige Geflüster einer Schlange.


Die Bild- und Tonqualität haben mich zufrieden gestellt.

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