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Rezension:Heinrich - Zweitausendeins Edition Deutscher Film 4/1977 (DVD)

Dieser Film von Helma Sander-Brahms aus dem Jahre 1976, der mit der Goldenen Schale des Deutschen Filmpreises sowie dem Filmband in Gold für das "Beste Drehbuch" ausgezeichnet wurde, hat mich kürzlich veranlasst, eine Biographie über Heinrich von Kleist zu lesen. Im Gegensatz zu besagter Biographie beginnt der Film mit Kleists Lebensende. Von dort aus werden immer wieder Lebensrückblicke eingeblendet, die die enorme Todessehnsucht des Dichters begreifbar machen.


Deutlich gemacht wird, dass Kleist (Heinrich Giskes) ganz offensichtlich homosexuelle Neigungen hatte. Ob er diese in jungen Jahren mit seinem Jugendfreund Ernst von Pfuel auslebte, lässt der Film offen.

Auch zu seiner Schwester Wilhelmine, mit der er nach der Entlobung von der Generalstochter Wilhelmine von Zenge, die er mit seinen intellektuellen Briefen m.E. überfordert hat, nach Paris reist, unterhält er eine Beziehung, die inzestuöse Züge zu haben scheint.

Mit allen Menschen, die ihm nahe stehen, möchte Kleist sterben, aber nicht leben und findet schließlich in der krebskranke Henriette Vogel (Hannelore Hoger), die Frau, die mit ihm gerne in den Tod geht.

Vielleicht will Kleist mit den ihm nahestehenden Menschen sterben, weil die Gesellschaft ein Zusammenleben mit einem Mann, einer verheirateten Frau und einer Schwester für einen Mann, auch wenn er Heinrich von Kleist heißt, nicht billigt und ihm das Leben insofern öde erscheint.

Man erlebt Kleist als Leutnant der preußischen Garde. Er ist musisch begabt, dichtet und leidet, wenn junge Soldaten ausgepeitscht werden. Er schließt die Augen während der Geschehnisse.

Man erlebt den jungen Dichter auch über die Leichenfelder von Aspern ziehend, und dort die toten Soldaten zum Abschied küssend. Heinrich ist seit Aspern depressiv. Er beginnt ein Jurastudium, bricht es ab, dichtet, wird dabei von seiner Melancholie immer mehr aufgezehrt und macht seinem Leben ein Ende.

Wenn Kleist tatsächlich homosexuell war, wird er vermutlich darunter gelitten haben, seine Neigung nicht haben ausleben zu dürfen. Er sublimierte, indem er schrieb. Vielleicht brachte er sich der Einsamkeit halber um. Der Film legt diesen Schluss nahe.

Empfehlenswert.

Helga König
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Rezensionen:Die Halbstarken / Edition Deutscher Film (DVD)

Eine Filmhandlung nachzuerzählen, die bei Wikipedia exzellent wiedergegeben ist, halte ich für unergiebig. Ich habe diesen einst kultigen Schwarz-Weiß-Film aus dem Jahre 1956 am Samstag erstmals gesehen. Dabei ist mir Einiges aufgefallen, das mir klar gemacht hat, weshalb die Generation der Kriegskinder, die in frühen 1950ern Teenager waren, mir stets fremd geblieben sind. Diese Generation wurde einerseits noch sehr geprägt durch die Naziideologie, die ja im ersten Jahrzehnt nach 1945 noch immer durch die Köpfe vieler Deutscher waberte und andererseits durch die neuen Einflüsse aus Amerika, der dort gerade angesagten Musik, der für die damalige Verhältnisse lässigen Kleidung, der Autos und des neuen Gurus, der Geld hieß, dem man huldigte, weil man ihn brauchte, um sich die begehrten Dinge kaufen zu können. Die Eltern nämlich spielten nicht mit, wenn es um solche Wünsche der Teenager ging, sprich sich "Ami-Kram" zu kaufen.

Infrage gestellt wurde von diesen jungen Menschen wenig, die Revolte, die sich in Gangs wie jenen von Freddy Borchert (Horst Buchholz) darin zeigt, dass sie aufgrund krimineller Handlungen zu Geld kommen wollen, um sich von dem spießigen biederen Outfit der Vorgeneration abzugrenzen, zeigt, dass sie sich im Grunde nur wenig von diesen Hakenkreuzfahnenschwingern unterscheiden, die sich ja auch problemlos der Fleischtöpfe der Nachbarländer bemächtigt haben, ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen. Auffallend an diesen Halbstarken der frühen 1950er Jahre ist ein extremer Mangel an Rechtsbewusstsein, wenn man dem Film Glauben schenken darf. Dieses neue Rechtsbewusstsein benötigte in der jungen Demokratie noch Jahre, bis es die Köpfe vieler Bürger wirklich erreicht hatte.

Die Frauen und jungen Mädchen im Film werden alles andere als gleichberechtigt behandelt, sondern als Objekte für Küchen- oder Liebesdienste betrachtet und sie lassen dies protestlos zu. Respekt vor Frauen gab es offenbar nicht. Nonne oder Hure. Basta. Das machen die Filmszenen eindeutig klar. Das Idol der Männer war die laszive Blondine. Zu dieser trimmten sich bereits sehr junge Mädchen, wie Sissi (Karin Baal), die angeblich für Geld schon als halbes Kind zu allem fähig waren. Männer werden scheinbar zu Erfüllungsgehilfen für die materielle Begehrlichkeiten von Frauen. "Ich habe es ja nur für Mama, meine Frau oder meine Geliebte getan!" Es lebe die Projektion. Die Frau der Sündenbock der 1950er Jahre.

Am Beispiel von Freddys Vater einem typischen Tyrannen aus jenen Jahren, wird klar gemacht, welcher Mangel an Empathie in den Familien herrschte. Die Prügeleien in der Gang Freddys zeigen, dass man friedfertigen Umgang miteinander noch nicht erlernt hat.

Keineswegs überrascht hat mich, dass die Darsteller im Film geradezu manisch rauchen. Auch im Hinblick auf die gesundheitlichen Schäden von Nikotin gab es keinerlei Bewusstsein.

Der Film ist eine wunderbare Studie über die frühen 1950er Jahre und insofern empfehlenswert.

 www.studiocanal.de
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Rezension:Berlin-Alexanderplatz - Arthaus Collection Literatur (DVD)

Bei "Berlin Alexanderplatz" handelt es sich um eine Literaturverfilmung nach dem gleichnamigen Roman von Alfred Döblin. Es ist empfehlenswert, zuvor das Buch zu lesen oder aber sich zumindest bei Wikipedia über die Filmhandlung kundig zu machen, denn der Streifen ist aus dem Jahre 1931 und der Ton insofern seiner Zeit gemäß. Zudem nuscheln die Schauspieler einen Berliner Slang, den man leider nicht immer sofort versteht. Die Filmkunst stand noch in ihren Anfängen, die Kameraführung lässt sich mit jener aus heutigen Tagen nicht vergleichen, viele Sequenzen wirken beinahe wie Theateraufnahmen. Uns wird also ein Stück Filmgeschichte entgegengebracht und genau diese gilt es zu werten.

Um den Film wirklich zu verstehen, sollte man sich aber nicht nur vorab über die Filmhandlung schlau machen, sondern sich auch im Rahmen des Bonusmaterials die Dokumentation zu dem Hauptdarsteller Heinrich George ansehen. Diese Dokumentation zeigt das facettenreiche Leben dieses begnadeten, erfolgreichen Schauspielers und Theaterintendanten, der seitens seiner Neider nach der NS-Zeit denunziert wurde, indem man ihn bezichtigte, ein Nazi zu sein, was nachweisbar nicht stimmte. Der Schauspieler wurde in dem sowjetischen Speziallager Nr. 7 in Sachsenhausen vielmals verprügelt und verstarb dort vermutlich an einem Hungerödem.


Im Gegensatz zum Protagonisten des Films "Berlin Alexanderplatz" erhielt dieser Seelenmensch keine zweite Chance.

 
Seine Söhne, vor allem Götz George, auch der Faust-Darsteller Will Quadflieg u.a. berichten über Heinrich George, seine Spielleidenschaft, seine Kollegialität, seine Fairness, sein Können, berichten darüber, dass er zu Beginn der Nazizeit nicht mehr spielen durfte, weil er als Kommunist galt, sich seiner Spielleidenschaft wegen arrangierte und auch Rollen in Durchhaltefilmen wie "Kolberg" und in Gesinnungsfilmen wie "Jud Süß" übernahm. Schauspieler, die dies nicht taten, durften ihrem Beruf nicht nachgehen.

Parteimitglied wurde George nie. Außer zu offiziellen Anlässen hat er nach einhelligen Aussagen die Nazis gemieden.

Im Film spielt George den aus dem Gefängnis entlassenen Franz Biberkopf. Dieser saß dort vier Jahre ein, weil er seine Frau erschlagen hatte. Er will in der Großstadt wieder Fuß fassen, gerät auf die "schiefe Bahn", verliert seinen Arm, verliert auch seine Geliebte, eine Prostituierte, die ermordet wird und schafft es bei aller Unbill, sich dem Milieu, in das er geraten ist, zu entziehen und einen Neuanfang zu machen..

Heinrich George spielt seine Rolle überzeugend. Der Film wird von seiner Gestik und Mimik getragen. Es handelt sich um eine Milieustudie, die begreifbar macht, in welchen Nöten die Menschen Anfang der 1930er Jahre lebten. Diese Nöte der Menschen damals in Berlin werden durch die Kamera beeindruckend eingefangen.

Empfehlenswert.
 
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Rezension:Die große Illusion - Arthaus Collection Französisches Kino (DVD)

Der vorliegende Film des Regisseurs Jean Renoir aus dem Jahre 1937 befasst sich mit dem Irrsinn des 1. Weltkrieges, ohne dabei Kriegshandlungen auf Schlachtfeldern zu zeigen.


Renoirs Absicht scheint zu sein auf die Klassenunterschiede bei der Behandlung von Kriegsgefangenen hinzuweisen, allerdings lässt er nicht unerwähnt, dass das deutsche Personal letztlich von sehr egoistischen Motiven angetrieben wird, wenn es akzeptiert, dass die französischen Offiziere aufgrund von Lebensmittelpaketen aus Frankreich es sich kulinarisch sehr gut gehen lassen.


So bleiben für das Personal größere Rationen aus der eigenen Küche übrig. Obschon es den französischen Offizieren in punkto Ernährung augenscheinlich ziemlich gut geht und sie durch die Gefangenschaft keiner Todesgefahr mehr ausgesetzt sind, versuchen sie stets auf neue zu fliehen, weil sie ihre Aufgabe darin sehen den sinnlosen Krieg schnellstens zu beenden. Sie möchten wieder ihren bürgerlichen Berufen nachgehen und in bürgerlicher Umgebung leben. Sie sind keine Berufssoldaten.

Thematisiert wird u.a. der Niedergang des Sonderstatus deutscher Adeliger beim Militär. Diese waren Berufssoldaten. Der Versuch eines deutschen adeligen Offiziers (Erich von Strohheim) mit einem französischen Offizier aus alter französischer Adelsfamilie aufgrund der aristokratischen Herkunft eine Sonderbeziehung zu unterhalten scheitert, weil der Franzose (Pierre Fresnay) sich seinen bürgerlichen, französischen Kameraden viel mehr verpflichtet fühlt als gegenüber einem anderen europäischen Adeligen.

Renoir gelingt es mit subtilen Mitteln klar herauszuarbeiten, dass der deutsche Adel im ersten Weltkrieg letztlich um seinen Status kämpfte, wissend, dass bei einer Kapitulation das Ende der Monarchie eingeläutet werden würde.

Französischen Adeligen wurden bereit 1789 ihre Privilegien genommen. Als Bürger unter Bürgern ging es ihnen im 1. Weltkrieg um die Verteidigung bürgerlicher Grundfreiheiten, so die Interpretation Renoirs, die ich keineswegs für blauäugig halte. Der französische adlige Offizier riskiert sein Leben für die Freiheit zweier anderer französischer Offiziere (Jean Gabin, Marcel Dailo). Diese fliehen zum Bodensee und gelangen unversehrt in die Schweiz.

Während ihrer Flucht finden sie Unterschlupf bei einer jungen deutschen Witwe, die mit ihrer Tochter auf einem entlegenen Bauernhof lebt. Renoir macht an den Szenen auf dem Bauernhof deutlich, dass Kriege stets wegen klarer Machtinteressen kleiner Cliquen geführt werden, die ihre Mitmenschen für ihre Zwecke instrumentalisieren. Feindschaften zwischen Völkern sind eine Farce, sie werden künstlich geschürt. Auf dem entlegenen Bauernhof gibt es keine Feindschaft, hier erfreut man sich des friedlichen Miteinanders.....

Friedliches Miteinander von Völkern bleibt eine große Illusion, solange sich Menschen für die Zwecke anderer instrumentalisieren lassen.

Renoir nennt seinen Film nicht von Ungefähr "Die große Illusion".

Empfehlenswert.

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